Diese Publikation ist Herrn Prof. Dr. L. D. Brongersma gewidmet. Obwohl sich zahlreiche Wissenschaftler mit der Tier- und Pflanzenwelt des süd- und zentralamerikanischen Raumes beschäftigten, sind wir noch weit von einem Verständnis seiner Biogeographie entfernt. Die Ursache hierfür liegt nur zum Teil darin, daß „die in der gemäßigten Zone lebenden und arbeitenden Populationsbiologen Studien in tropischen Gegenden kostspielig und schwierig finden" (MacArthur & Connell, 1970). Der tiefere Grund ist der ungeheure Pflanzen- und Tierreichtum einzelner Lebensräume dieses Kontinents. "The most important single characteristic of the Tropical Rain Forest is its astonishing wealth of species." (Richards, 1957). Obwohl die systematische Erfassung der neotropischen Tierwelt keineswegs als abgeschlossen gelten kann, sind bereits jetzt die Artenzahlangaben einzelner Vertebratengruppen überwältigend. Nicht weniger als 694 neotropischen Schlangen- und 635 neotropischen Eidechsen-Arten (nach Peters & Orejas-Miranda, 1970) stehen allein 2906 in Südamerika vorkommende Vogel- (Meyer de Schauensee, 1966) und 1383 brasilianische Fischarten (Lowe-McConnell, 1969) gegenüber. Vergleicht man diese Zahlen mit denen der anderen Südkontinente (Australien besitzt z.B. 464 Vogelarten; nach Kikawa & Pearse, 1969) oder mit Europa (452 Vogelarten nach Peterson, Mountford & Hollom, 1954), dann wird die Sonderstellung des neotropischen Faunenreichs offensichtlich. Eine der faszinierendsten evolutionsgenetischen Fragen ist jene nach der Genese dieses Artenreichtums. Wie ist es zu erklären, daß gerade in der Neotropis so viele Arten vorkommen ? In neuerer Zeit wurden die sich hinter dieser Frage verbergenden Probleme von zahlreichen Ökologen und Evolu-