Über die Actiniarien, Zoantharien und Ceriantharien von Niederländisch-Westindien war bisher fast nichts bekannt, auch enthalten die holländischen Museen nur sehr wenig Material aus diesem Gebiete. Aus Curaçao lagen, soweit ich die Literatur überblicke, bisher überhaupt noch keine Funde vor. Es ist daher mit besonderer Freude zu begrüssen, dass Herr Dr. VAN DER HORST (Amsterdam) einen zweimonatigen Aufenthalt auf Curaçao im Jahre 1920 dazu benützt hat, eine umfangreiche Sammlung von Actiniarien, Zoantharien und Ceriantharien anzulegen, deren Bestimmung ich um so lieber übernommen habe, als es sich fast ausnahmslos um vorzüglich erhaltene Stücke handelt. Die Sammlung VAN DER HORST umfasst insgesamt 27 Arten, von denen 19 auf die Actiniarien, 7 auf die Zoantharien und 1 auf die Ceriantharien entfallen. Wenn man berücksichtigt, dass von den Bahama-Inseln, auf denen im Sommer 1887 MC MURRICH, einige Jahre später J. I. NORTHROP, 1893 die von der Universität Iowa ausgerüstete Bahama-Expedition sammelte und in den Jahren 1908 und 1909 der schwedische Zoologe ROSÉN tätig war, nach WATZLS (1922) Zusammenstellung nur 23 Arten Seeanemonen bekannt sind, wenn man sich ferner vergegenwärtigt, dass durch die langjährigen Studien DUERDENS, dem die vorzüglichen Hilfsmittel des Institute of Jamaica zur Verfügung standen, etwa 38 Arten Actiniarien, Zoantharien und Ceriantharien aus den Gewässern um Jamaica nachgewiesen werden konnten, und wenn man schliesslich bedenkt, dass die im Jahre 1907 von KÜKENTHAL und HARTMEYER unternommene Forschungsreise nach Westindien, die in erster Linie der Untersuchung der Anthozoenfauna der Antillen diente, eine Ausbeute von 26 Species der drei erwähnten Korallengruppen lieferte, wird man nicht umhin können, die Sammlung VAN DER HORST als ungewöhnlich reichhaltig zu bezeichnen. Alle Exemplare dieser Kollektion sind nach Angabe der Fundortzettel zwischen dem 3. April und dem 26. Mai 1920, also innerhalb eines verhältnismässig kurzen Zeitraumes gesammelt worden, auch fehlen Tiefwasserformen vollständig, da dem Sammler die für den Fang dieser Tiere erforderlichen Geräte nicht zur Verfügung standen. Trotzdem dürfen wir nach meinem Dafürhalten keineswegs von dem günstigen Ergebnis einer nur kurzen Sammeltätigkeit auf einen besonderen Artenreichtum der Anthozoenfauna von Curaçao schliessen. Vielmehr bestätigt eine Durchsicht der Sammlung VAN DER HORST lediglich die alte Erfahrung, dass die gründliche Untersuchung eines räumlich begrenzten Geländes bessere Resultate liefert als die Entnahme zahlreicher Stichproben an möglichst vielen Standorten. Das mir vorliegende Material wurde an der Südküste der Insel Curaçao gesammelt, hauptsächlich in der Caracas-Bai und einer als „Spaansch Water” bezeichneten, weit in das Land eingreifenden und mit der offenen See durch einen schmalen Kanal in Verbindung stehenden Bucht. Einige wenige Stücke entstammen auch dem „Spaansche Haven”, der „Boca labadera” sowie der Westspitze der Insel („Westpunt”). Wie mir Herr Dr. VAN DER HORST mitteilt, ist das Wasser der Caracas-Bai völligklar, während das Spaansch Water regelmässig starke Trübungen aufweist. Dieser Unterschied der Standortsbedingungen macht sich nach den Beobachtungen des Sammlers in der Zusammensetzung der Madreporarienfauna deutlich bemerkbar. Auch die von mir bearbeiteten Korallengruppen verhalten sich hinsichtlich der Besiedlung der beiden Standorte verschieden: