Bei den zahlreichen Rekonstruktionen der klimatologischen Verhältnisse, die man für das Ende des Palaeozoikums gemacht hat, ist man fast immer von der Kohlenbildung, der Florenverbreitung und den Vereisungserscheinungen ausgegangen. Der marinen Tierwelt hat man bei der Behandlung dieser Fragen meist nur wenig Beachtung geschenkt, zum Teil fand dies seine Erklärung darin, dass uns die marine Fauna am Ende des Palaeozoikums bis vor kurzem noch recht unvollkommen bekannt war. Die Entdeckung reicher permischer Marinfaunen in den letzten Jahrzehnten hat aber unsere Kenntnis von der permischen, marinen Evertebratenfauna nicht nur ganz erheblich erweitert, sondern vor allem gezeigt, dass in den meisten Tiergruppen die Entwicklung ununterbrochen weitergeht und keine Einschnürung oder gar Unterbrechung erleidet, wie man früher so oft geneigt war anzunehmen. Ja selbst eine in ihren Lebensbedingungen so anspruchsvolle Tiergruppe wie die Korallen hat durch die permische Vereisung offenbar ebensowenig wie durch die quartäre eine erhebliche Unterbrechung in ihrer Entwicklung erfahren, nur ihre Verbreitung wurde auf eine etwas schmalere Zone zu beiden Seiten des Aequators eingeschränkt. Die meisten Forscher, die sich mit klimatologischen Fragen am Ende des Palaeozoikums beschäftigt haben, und eine Erklärung für die scheinbar unipolare Vereisung des Perm zu geben versuchten, kommen schliesslich zu der Annahme, dass die Pole zu dieser Zeit eine andere Lage gehabt haben müssen als heute. Man suchte den Südpol gewöhnlich im Centrum des Gebietes aus dem die glazialen Erscheinungen bekannt geworden waren. So nahm Koken 1) den Pol inmitten des indischen Oceans an, zu einer Zeit als die Vereisungserscheinungen aus Südamerika noch nicht bekannt waren und man auch noch nicht mit der Möglichkeit von Kontinentalverschiebungen rechnete. Wegener 2), der die Kontinente der Südhalbkugel zu einer einheitlichen Kontinentalmasse zusammenschiebt, lässt den Pol von der Ostküste Afrikas im Carbon über den Nordrand des antarktischen Kontinentes nach der Südküste Australiens im Perm wandern. Weder die eine noch die andere Annahme lässt sich nun mit dem Vorkommen einer reichen permischen Warmwasserfauna auf Timor, im malayischen Archipel, vereinbaren. Diese Fauna, die durch niederländische und deutsche Expeditionen auf dieser Insel vor dem Weltkriege gesammelt wurde, ist die reichhaltigste permische Marinfauna, die wir überhaupt kennen. Sie müsste bei der Pollage, die Köppen und Wegener für das Perm annehmen, in einer Breite von etwa 45° gelebt haben. Das Vorkommen einer ausgesprochenen Warmwasserfauna in solcher Nähe eines von einer mächtigen Eiskappe bedeckten Pols scheint mir ausgeschlossen. Wir wissen, dass die intensive Kalkabscheidung, wie sie für Riffkorallen, die grossen Foraminiferen mit kompliziertem Skelett und Kalklagen so charakteristisch ist, nur bei beträchtlich hoher Wassertemperatur stattfinden kann. Für die lebenden Riffkorallen beträgt die Minimumtemperatur etwa 20°, aber für die Nummuliten des Alttertiärs ist sie jedenfalls noch höher gewesen, und das Gleiche dürfen wir auch für die Fusulinen des Carbon und Perm annehmen. Zweck der folgenden Zeilen soll nun sein, zu zeigen, dass es sich bei der Permfauna von Timor wirklich um eine Warmwasserfauna handelt und zweitens, dass diese sicher gleichzeitig mit der permischen Vereisung dort gelebt hat. Als Beweis für die erste Behauptung will ich hier eine Tiergruppe herausgreifen, die als besonders feinfühliger Indikator für die Wassertemperatur zu gelten hat, nämlich die Korallen. Die Anthozoenfauna von Timor ist die reichste, die wir bis jetzt aus dem Perm kennen; sie besteht aus Vertretern der Familien der Zaphrentidae, Axophyllidae und der sogenannten Tabulata und ist mindestens ebenso mannigfaltig, wie die karbonische Korallenfauna 1). Wohl sind unter den eigentlichen Korallen koloniebildende Formen ziemlich selten und nur durch de Gattungen Lonsdaleia und Lonsdaleiastraea vertreten, die noch dazu nicht an denselben Fundstellen gefunden wurden wie die übrige Korallenfauna, die nur aus Tabulaten und Einzelkorallen besteht. Aber auch diese war zweifellos eine typische Warmwasserfauna, eine Art Riffauna, wenn es auch im Perm nicht zur Entwicklung mächtiger Korallenriffe sondern nur ausgebreiteter Korallenrasen kam. Auch auf den älteren palaeozoischen Korallenriffen des Devon und Silur spielen die Einzelkorallen eine viel grössere Rolle als auf den lebenden Riffen. Gegenwärtig sind solitäre Korallen, vor allem in der tieferen See, unterhalb der Riffzone, zu Hause, und nur bestimmte Arten kommen als Riffbewohner auch auf den Riffen selbst vor. Im Palaeozoikum und in geringerem Masse auch im Mesozoikum bildeten Einzelkorallen einen wesentlichen Anteil der Riffauna. Wenn auf Timor gewisse Arten von Timorphyllum, Clisiophyllum und Dibunophyllum leicht mit tausenden von Exemplaren gesammelt werden können, so müssen diese Korallen da doch in grossen Mengen gelebt haben, selbst wenn wir annehmen, dass sie an den Fundstellen noch zusammengeschwemmt sind. Vor allem spricht aber die grosse Mannigfaltigkeit der koloniebildenden Tabulaten dafür, dass wir hier mit einer typischen Riffauna zu tun haben. Diese heterogene Gruppe, die auch auf den älteren palaeozoischen Riffen eine so grosse Rolle spielt, ist am Ende des Palaeozoikums nicht im Erlöschen begriffen, wie man immer noch, auch in den neuesten Auflagen von Lehr- und Handbüchern, lesen kann, sondern mit einer Mannigfaltigkeit entwickelt, die der im älteren Palaeozoikum zum mindestens gleichkommt. Zum Teil schliessen sich die Formen eng an ältere Gattungen an wie die Favosites-, Pachyporaund Michelina-Arten, z. T. lassen sie noch Beziehungen zu älteren Gattungen, aber doch eine deutliche Weiterentwicklung in bestimmter Richtung erkennen, wie Pseudofavosites, Heterocoenites, Aulohelia; ein grosser Teil der Formen stellt jedoch ganz neuartige Typen dar, von denen es vorläufig überhaupt noch nicht möglich ist, sie an Bekanntes anzuschliessen, wie z. B. Trachypsammia, Dictyopora, Schizophorites usw. Viele der Arten, besonders der Pachyporen, sind ausgezeichnet durch eine starke Verdickung des Skelettes. So werden z. B. bei vielen dieser Formen die Polypenröhren in der Tiefe ganz mit Skieroplasmamasse aufgefüllt, sodass die Zweige der Stücke im Innern eine ganz dichte Struktur bekommen. Hierdurch wurde den verzweigten Kolonien eine grössere Festigkeit verliehen. Solche Skelettverdickungen sind typische Anpassungserscheinungen an das Leben in stark bewegtem Wasser in der Riffzone, wie sie übrigens nicht nur die Korallen sondern auch die permischen Crinoiden von Timor in vielen Fällen erkennen lassen. Dazu kommt noch, dass wir von der eigentlichen Korallenfauna von Timor bis jetzt nur eine Auslese kennen. Das Material besteht ja an den Hauptfundplätzen nur aus Bruchstücken von verzweigten Kolonien und den langen gewundenen Einzelkorallen, die zusammengeschwemmt und dabei nach der Grösse sortiert wurden. Das vereinzelte Vorkommen von Bruchstücken grosser Favositesund Lonsdaleia-Kolonien lässt uns aber annehmen, dass auf den permischen Korallenrasen, neben Einzelpolypen und verzweigten Stöcken, auch massige Kolonien vorkommen. Die Art der Zusammensetzung dieser jungpalaeozoischen Riffauna dürfte daher von den älteren Riffaunen dieses Zeitalters nur wenig verschieden gewesen sein. Aber nicht allein die Korallen des Perm von Timor deuten darauf hin, dass wir hier mit einer typischen Warmwasserfauna zu tun haben. Das Gleiche ist der Fall mit der so überaus reichen Crinoidenfauna, ein grosser Teil ihrer Arten dokumentiert sich durch die charakteristischen Anpassungen an das Leben in stark bewegtem Wasser als echte Riffbewohner 1). Unter den Brachiopoden gehören die Gattungen Lyttonia und Richthofenia zu den Indikatoren einer Warmwasserfauna, da ihre Verbreitung auf eine aequitoriale Zone beschränkt bleibt, und sie in den brachiopodenreichen Ablagerungen Australiens bereits fehlen. Endlich müssen wir auch, wie schon erwähnt, die Fusulinen zu den Warmwasserbewohnern rechnen. Jungpalaeozoische Fusulinenkalke kommen auf Timor vor, jedoch ist ihr Verband mit den fossilreichen Permschichten noch nicht aufgeklärt. Die Fauna dieser Kalke ist von dem Bearbeiter auf Grund des Vorkommens von Fusulina granum avenae für karbonisch gehalten worden 1), aber diese Art ist neuerdings in Japan gerade zusammen mit Arten der jüngeren permischen Fusulinenfauna gefunden worden, wie Doliolina lepida und Verbeekina Verbeeki; auch auf Sumatra besitzen die Fusulinenkalke aus denen die F. granum avenae zuerst beschrieben wurde, nach neuern Untersuchungen, permisches Alter. Dazu kommt noch, dass Doliolina lepida auf der Timor benachbarten Insel Letti vorkommt, sodass es wohl nur ein Zufall ist, dass diese und andere typische Permformen auf Timor selbst noch nicht nachgewiesen wurden 2).